Arbeitsmodelle: Wie lässt sich die Arbeitswelt sozial und flexibel gestalten?

Aus ErWiN
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Besonders während des letzten Jahres war es aufgrund der Corona-Situation immer mehr Menschen möglich, auch im Home-Office zu arbeiten. Das bedeutet mehr Freiheit, aber auch mehr Eigenverantwortung. Während einige Unternehmen sich lange weigerten diesen flexibleren Weg zu gehen, wurde den meisten mit Eintritt der Pandemie klar, dass es an der Zeit ist, sich den digitalen Möglichkeiten aufgeschlossen gegenüberzustellen. Das verlangt sowohl Vertrauen als auch eine gesunde Reflexion im Bereich der Work-Life-Balance, sowohl für Arbeitgeber*innen als auch Arbeitnehmer*innen. Es zeigt sich der Trend, dass eine ganze Reihe von Unternehmen auf sozialere Modelle umsteigen, um das Potenzial der Mitarbeiter*innen sinnvoll und nachhaltig zu fördern und Ressourcen effektiv zu nutzen. Im folgenden wollen wir daher ein paar flexiblere Arbeitsmodelle vorstellen.

Die verschiedenen Modelle der neuen Arbeitswelt

Das Teilzeit-Modell

Das Teilzeit-Modell ist bisher eines der bekanntesten Arbeitsmodelle, da es sich hierbei um ein bereits seit langem eingesetztes Modell handelt. Im Gegensatz zur Vollzeit-Stelle wird hier die Arbeitszeit reduziert. Dabei kann es sein, dass sich die Arbeitszeit pro Tag reduziert, oder man sich die Arbeitstage je nach Vereinbarung der Stunden in der Woche oder im Monat und je nach Zeit und Auftragslage einteilen kann. Das bedeutet für die meisten Unternehmen einen höheren Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig steigert sich jedoch die Arbeitgeber-Attraktivität, da Arbeitnehmer von den flexiblen Arbeitszeiten durch die bessere Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf profitieren. [1]

Das Gleitzeit-Modell

Auch das Modell der Gleitzeit hat sich bereits in einigen Unternehmen durchgesetzt. Hierbei geht es um mehr Eigenverantwortung und die individuellen Vorlieben der Mitarbeiter*innen. Durch die Vereinbarung einer Kernarbeitszeit können Arbeitnehmer*innen selbst entscheiden, wann sie den Arbeitstag beginnen und wann sie ihn beenden. Dabei kann jede*r selbst entscheiden, wann die Konzentrationsphasen am höchsten sind.

Die Funktionszeit

Das Modell der Funktionszeit ist eine Variation der Gleitzeit. Das Modell beruht im Gegensatz zur Gleitzeit jedoch nicht auf einer Kernarbeitszeit, sondern baut sich auf den zu erledigenden Aufgaben auf. Besonders in Unternehmen, in denen sich Angestellte in den Aufgabenbereichen gut vertreten können, bietet dieses Modell viel Flexibilität. Grundsätzlich braucht es hier allerdings eine gute Kommunikation, Organisation und eine funktionierende Teamarbeit. [2]

Home-Office

Der Begriff Home-Office ist uns mittlerweile allen bekannt. Seit 2020 hat sich in vielen Arbeitsbereichen die Machbarkeit dieses Modells zwangsweise herausgestellt. Es handelt sich generell erst einmal nur um die technische Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten. Besonders für Menschen, die in ihrem Job viel unterwegs sind, war das bisher ein guter Weg, flexibel und von überall aus zu arbeiten. Da diese Option durch zunehmende Digitalisierung nun aber für viele Branchen möglich ist, nutzen viele Unternehmen den Vorteil und reduzieren ihre Räumlichkeiten. Für Angestellt*e hat das Home-Office den klaren Vorteil der Zeitersparnis. Wenn der Arbeitsweg wegfällt, ist vieles einfacher zu vereinbaren. Zum Beispiel Kinder und/oder pflegebedürftige Familienmitglieder können hier in die Arbeitszeitplanung besser integriert werden. Auch persönliche Zeiträume für produktives Arbeiten lassen sich hier individueller wahrnehmen. Für viele Unternehmen stellt die Bereitstellung dieses Modells einen technischen Mehraufwand dar und verlangt eine gute Schulung im Themenbereich Datensicherheit. Hierbei ist es eine interne Entscheidung, wie mit diesem Modell der physischen Abwesenheit umgegangen wird. Manche Firmen verzichten auf Kernarbeitszeiten und setzen auf Vertrauen und Kommunikation, während andere Unternehmen Anwesenheitstage festlegen, um gleichzeitig auch das Teamgefühl zu erhalten und zu stärken.

Das Arbeitszeitkonto

Das Arbeitszeitkonto ist ein Modell, das wie ein Sparbuch funktioniert. Hierbei werden durch die Arbeitnehmer*innen Stunden gesammelt. Wenn eine Person länger arbeitet als die vertraglich festgelegte Zeit, werden diese Stunden festgehalten und können dem Konto später wieder entnommen werden, beispielsweise für zusätzliche Urlaubstage oder Überstundenzahlungen. Auf Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten kann darüber hinaus Zeit für Kinderpausen oder Sabbaticals gesammelt werden. Ermöglicht das Unternehmen das Führen solcher Konten, verlangt dies von beiden Seiten eine langfristige und nachhaltige Planung der Kapazitäten und eine vorausschauende Teamdynamik.

Das Baukastensystem

Das Baukastensystem bietet die Möglichkeit, Arbeits- und Betriebszeit voneinander zu entkoppeln. Hierbei können verschiedene Modelle kombiniert und auch je nach Jahresplanung und Saisongeschäft vereinbart werden. Plus- und Minusstunden gleichen sich dabei im Normalfall von alleine aus. Es bedarf jedoch auch hierbei einer guten langfristigen Planung und einer Analyse des Jahresgeschäftsverlaufes. Die zu leistende Arbeit wird von Woche zu Woche, von Monat zu Monat oder pro Jahr mit den Mitarbeiter*innen abgestimmt.

Die Jahresarbeitszeit

Besonders im Hinblick auf saisonal bedingte Auftragslagen bietet die Jahresarbeitszeit die Möglichkeit, die vereinbarten Jahresarbeitsstunden auf die tatsächlich anfallende Arbeit aufzuteilen. Das Gehalt wird trotz schwankender Beschäftigungszeit kontinuierlich über das Jahr ausgezahlt. Dieses Modell funktioniert besonders gut in der Tourismus- und Baubranche. Einnahmen und Arbeitsaufwand werden hier strategisch über das Jahr verteilt.

Die Sabbatical-Strategie

Die Sabbatical-Strategie wird häufig auch als Sabbatjahr bezeichnete. Arbeitnehmer*innen leisten hier eine gewisse „Vorarbeit“, um die Möglichkeit zu erhalten, sich ein Jahr freizunehmen. Der Lohn wird über die freie Zeit hinweg weiter gezahlt und ermöglicht eine Auszeit, um sich persönlich weiterzuentwickeln oder Raum für neue Perspektiven zu schaffen. Für Eltern entsteht hier die Möglichkeit, eine Kinderpause zusätzlich zur Elternzeit realisieren zu können. Das Unternehmen muss jedoch einen befristeten Ersatz organisieren und dem Arbeitnehmer nach dem Jahr den Wiedereinstieg ermöglichen. Dieses Modell stellt die persönliche Entfaltung in den Fokus, von der auch Arbeitgeber*innen in den meisten Fällen nur profitieren können. Auch aus Sicht der mentalen Gesundheit sind solche Auszeiten zu empfehlen, um sich selbst zu regenerieren. [3]

Job-Sharing

Beim Job-Sharing teilen sich zwei Arbeitnehmer*innen eine Arbeitsstelle. Diese Art der Arbeitsteilung bietet dem Unternehmen eine geringere Ausfallquote. Für Arbeitnehmer*innen besteht hier ein hoher Grad an Flexibilität und Eigenverantwortung. Für ein funktionierendes Job-Sharing sind allerdings gute Absprachen zwischen den Beschäftigten und eine kontinuierliche Reflexion mit dem Unternehmen notwendig, um zu vermeiden, dass eine Person mehr leistet als die andere und dadurch eine ungleiche Arbeitsbelastung entsteht.

Die Vertrauensarbeitszeit

Dieses Modell basiert auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber*innen und Beschäftigten. In Absprache mit dem Unternehmen werden Zielvereinbarungen zur Erfüllung der Aufgabenbereiche vereinbart. Dies bietet Arbeitnehmer*innen die Option, sich die Arbeitszeiten selbst einzuteilen. Vertrauensarbeitszeit bietet nicht nur eine Möglichkeit, die Tagesarbeitsphasen nach den eigenen Vorlieben zu organisieren, es birgt auch die Gefahr eines Vertrauensmissbrauchs oder einer Selbstausbeutung. Damit das Vertrauensverhältnis für beide Seiten gut funktioniert, sollte eine gute Absprache und eine kontinuierliche Beobachtung des Modells die Basis dafür bieten, das Arbeitsverhältnis regelmäßig zu reflektieren.

Quellen