CO₂-Kompensation: Was sollte ich bei der CO₂-Kompensation beachten?
Die Rolle von CO2 im Klimawandel
CO2-Emssionen und der Treibhauseffekt gelten als die Hauptreiber des Klimawandels. Dabei ist CO2 per se nicht schlecht, sondern sorgt dafür, dass die Wärme, die über UV-Strahlen der Sonne auf die Erde gelangt, nicht wieder entweicht. Ohne Treibhausgase würde eine durchschnittliche Temperatur von –18 Grad Celsius auf der Erde herrschen, dank der Treibhausgase sind es ca. 15 Grad.[1]
CO2 wird auf natürliche Weise auf unserem Planeten freigesetzt, zum Beispiel aus den Ozeanen und Böden. An anderer Stelle wird es wiederum aufgenommen und gebunden, zum Beispiel in Bäumen. So entsteht ein gesunder Kohlenstoffdioxidkreislauf.
Durch die Nutzung von fossilen Energieträgern wie Erdöl und Kohle seit der industriellen Revolution steigt der Ausstoß von CO2-Emissionen jedoch stetig an: Durch deren Verbrennung, die Industrie, den Verkehr oder die Strom- und Energieerzeugung übersteigt die Menge an CO2 die natürlichen Kapazitäten der Erde. CO2, das nicht in der Natur gebunden werden kann, gelangt in die Erdatmosphäre, bleibt dort und heizt so den Planeten auf.[2]
Vermeiden, Reduzieren und Kompensieren von CO2-Emissionen
Zur Eindämmung des Klimawandels hat die Reduzierung von Treibhausgasemissionen höchste Priorität. Eine solche Reduzierung kann zum Beispiel durch den Einsatz von erneuerbaren Energien für den Strombedarf erfolgen, ebenso wie der Verzicht auf Flugreisen, Autos mit Verbrennungsmotoren oder importierte Lebensmittel. Für Unternehmen und insbesondere für produzierende Gewerbe gestaltet es sich allerdings oft nicht so einfach, ihre CO2-Emissionen deutlich zu senken und auch in Büros kann nicht immer auf den Einsatz von Elektrogeräten, Dienstwagen etc. verzichtet werden. Im ersten Schritt sollten CO2-Emissionen also an jeder möglichen Stelle vermieden oder auf das nötige Minimum reduziert werden. Emissionen, die gezwungenermaßen im laufenden Betrieb verursacht werden, können kompensiert werden.
Was bedeutet Kompensation?
Jeder Mensch und jedes Unternehmen hinterlässt einen CO2-Fußabdruck. Durch klimabewusstes Handeln, wie beispielsweise das Vermeiden von Flügen, kann dieser gesenkt werden. Unter Kompensation versteht man Zahlungen zur Finanzierung von Treibhausgas mindernden Investitionen.[3]
Mit einer Kompensation entscheidet man sich dazu, die verbleibenden Emissionen, beispielsweise einer Dienstreise, zu berechnen und die entsprechende Menge an CO2 an anderer Stelle wieder auszugleichen – zum Beispiel durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten oder solchen zum Ausbau von erneuerbaren Energien.[4] Die Option der freiwilligen Kompensation wird meist zum Ausgleich dienstlicher Flüge, des CO2-Fußabdrucks des gesamten Unternehmens oder einzelner Produkte genutzt.[5]
Wie kompensieren?
Das Umweltbundesamt bietet einen Ratgeber zur freiwilligen CO2-Kompensation[6].
Zunächst müssen die Emissionen berechnet werden, um die Höhe der benötigten Kompensation zu ermitteln. Zur Berechnung des CO2-Verbrauchs kann der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes[7] verwendet werden.
Ein Zitat aus dem erwähnten Ratgeber des Umweltbundesamtes:
Jede denkbare Aktivität, bei der Emissionen freigesetzt werden, kommt in Betracht: Flugreisen, Bahn- oder Autofahrten, der Gas-, Strom oder Heizenergieverbrauch zu Hause, die Herstellung von Printprodukten oder auch die Durchführung von Events. Die Kompensation erfolgt dann über Emissionszertifikate, mit denen dieselbe Emissionsmenge in Klimaschutzprojekten ausgeglichen wird. Wichtig ist, dass es ohne den Mechanismus der Kompensation das Klimaschutzprojekt nicht gegeben hätte. Mit dem Zertifikatskauf werden beispielsweise Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien oder zur Aufforstung von Wäldern finanziert. Viele dieser Projekte sind in Schwellen- und Entwicklungsländern angesiedelt. Voraussetzung ist stets, dass das jeweilige Projekt ohne die Zertifikatserlöse nicht hätte durchgeführt werden können.
Es gibt verschiedene Projekttypen, zwischen denen das Unternehmen auswählen kann.
- Energieprojekte
- Erneuerbare Energien
- Energieeffizienz
- Brennstoffwechsel
- Projekte zur Reduzierung oder zur Einbindung von CO2
- Landwirtschaft
- Wälder und Forstwirtschaft
- Moore
- Projekte zur Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung
- vermiedene Entwaldung
- Weitere Emissionsminderungsprojekte
- Abfall und Deponiegas
- Industrie
- Transport
Wald- und Forstwirtschaftsprojekte
Aufforstungen sind eine beliebte und effektive Möglichkeit, verursachte CO2-Emissionen zu kompensieren, denn Wälder sind neben Ozeanen die größten natürlichen CO2-Speicher. Einer Studie der ETH Zürich zufolge wäre weltweit eine Fläche so groß wie die USA geeignet, um aufgeforstet zu werden und dadurch zwei Drittel der menschengemachten CO2-Emissionen zu binden – über 200 Millionen Tonnen CO2.[8] Aufforstungen bieten neben der CO2-Bindung weitere Vorteile: Harmonierende Mischwälder fördern die Biodiversität vor Ort und bieten zahlreichen, teils gefährdeten Tier- und Pflanzenarten einen geschützten Raum. Weiterhin können sie Erosionen, Erdrutsche, Lawinen und Sturzbäche nach Starkregen verhindern.[9]
Was man bei der Kompensation beachten sollte
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Projekten und Organisationen, über die Unternehmen ihre unvermeidlichen CO2-Emissionen kompensieren können. Allerdings trägt nicht jeder Anbieter für Kompensationsleistungen auch tatsächlich zum Klimaschutz bei. Bei der Wahl des richtigen Anbieters gibt es daher einiges zu beachten. Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) bietet Leitlinien für Unternehmen und private Investoren.[10] In diesen werden Zertifizierungsstellen für Waldklimaprojekte vorgestellt, mit denen man die Qualität von Kompensationsdienstleistungen bewerten kann. Diese Kriterien setzen sich zusammen aus:
- Der Treibhausgasberechnung: Wie werden die CO2-Kompensationswerte berechnet? Sind sie realistisch und langfristig?
- Sozio-ökonomischen Kriterien: Welche Effekte hat das Projekt auf die vor Ort lebende Bevölkerung? Wird diese eingebunden?
- Ökologischen und waldbaulichen Kriterien: Wird die Bio-Diversität ausreichend gefördert?
Unternehmen sollten auch auf folgende Kriterien bei der Auswahl achten:[11]
Transparenz
Ein seriöser Anbieter von Klimaschutzprojekten klärt Unternehmen über die tatsächlichen Auswirkungen der Kompensation auf, beschönigt nichts und stellt klar, dass CO2-Kompensation allein nicht ausreicht, um auf den Klimawandel zu reagieren. Zudem sollten Arbeitsweise, Berechnung und Mittelverwendung stets oder mindestens auf Anfrage offengelegt werden.
Zusätzlichkeit
Ein Projekt muss immer beweisen können, dass es ohne die finanziellen Mittel von z. B. Unternehmen nicht zustande gekommen wäre. Für jedes Projekt wird dafür ein "Referenzszenario" aufgestellt, mit dessen Hilfe untersucht wird, welche Entwicklungen die Emissionen ohne das Projekt angenommen hätten.
Permanenz
Die Dauerhaftigkeit des Projektes muss gewährleistet sein. Das bedeutet, dass sichergestellt werden muss, dass das Projekt trotz eventueller Hürden fortgesetzt werden kann. Dazu gehört im Falle von Aufforstungen zum Beispiel die Vermeidung von Monokulturen sowie die Berücksichtigung von Waldbränden, Schädlingsbefall und anderen möglichen Beeinträchtigungen bei der Planung und Umsetzung des Vorhabens.
Zertifizierungen nach Standards
Als Unternehmen erhält man für seine Kompensation ein Zertifikat. Seriöse Anbieter von Klimaschutzprojekten verfahren bei der Umsetzung nach international anerkannten Standards und weisen diese auch aus. Weiterhin sollte immer darauf geachtet werden, dass vergebene Zertifikate ins Register eingetragen werden, um mögliche Doppelbelegungen zu vermeiden. Diese Register sind öffentlich und können eingesehen werden.
Überblick über mögliche Anbieter
Aus unseren Recherchen sind einige Unternehmen hervorgegangen, die wir hier teilen wollen. Die Typen der Klimaschutzprojekte sind häufig vielfältig, die Liste hat aber natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Anbieter | Geförderte Projekte | Kalkulation | Beispiel* | Sonstiges |
---|---|---|---|---|
Climate Fair | Regionale Projekte, z.B.: Ökostrom-/Energiesparprojekte. Geld kann in lokale Nachhaltigkeitsfonds eingezahlt werden. | Möglich für Flugzeug, Auto, Bus und Bahn. Nicht nur reine Vermeidungskosten, sondern gesamte Umwelt-Folgekosten („Wahre Kosten“) werden betrachtet (daher teurer). |
|
gemeinnützig |
Atmosfair | Globale Projekte: Energieeffizienz, Ausbau von Windkraft/ Wasserkraft/ Biogas/ Solar, Umweltbildung; keine Waldschutzprojekte aufgrund kritischer Sicht auf die "Nebenwirkungen" solcher Projekte (siehe auch oben).[12] Es kann ein individuelles Projekt für ein Unternehmen erstellt werden. | Möglich für verschiedene Unternehmenstypen und den Gesamtfußabdruck (auch im Abo), aber auch für Flugzeug, Veranstaltung oder Wunschmenge. Reine CO2-Kompensationskosten. |
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gemeinnützig, mehrfacher Testsieger (bspw. Stiftung Warentest 2018) |
MyClimate | Globale Projekte: Breit gestreute Klimaschutz- & Bildungsprojekte, auch Waldschutz. | Möglich für den Gesamtfußabdruck einer Firma, aber auch für Flugzeug, Auto, Kreuzfahrt, Veranstaltung, Haushalt oder für ein bestimmtes Projekt. Reine CO2-Kompensationskosten. |
|
gemeinnützig, Stiftung Warentest Urteil "gut" 2018 |
Primaklima | Globale Projekte: Nur Aufforstung. | Möglich für den Gesamtfußabdruck eines Unternehmens oder Privatperson, aber auch für Flugzeugreisen. Reine CO2-Kompensationskosten. |
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gemeinnützig, Stiftung Warentest Urteil "sehr gut" 2018 |
Klimakollekte | Globale Projekte: Klimaschutzprojekte kirchlicher Organisationen oder ihrer Partner in Entwicklungsländern. | Möglich für den Gesamtfußabdruck einer Firma, aber auch für Flugzeug, Auto, Bus, Bahn, Veranstaltung oder Haushalt. Reine CO2-Kompensationskosten. |
(komplizierter CO2-Rechner) |
gemeinnützig, kirchlich |
Arktik | Globale Projekte: Fairtrade, Moorschutz, Aufforstung, Energieeffizienz, alternative Energiequellen. | Möglich für den Gesamtfußabdruck eines Unternehmens oder Privatperson, aber auch für Flugzeugreisen und andere Unternehmensteile (bspw. den Fuhrpark). Reine CO2-Kompensationskosten. |
|
gewerblich |
ClimatePartner | Globale Projekte: Umfassende "ClimateMap", die die Klimaschutzprojekte nach Technologie, erfüllten Standards/Zertifizierungen oder Nachhaltigkeitsziel durchsuchbar macht. | Unternehmenslösungen im Fokus (von CO2-Bilanzierung bis zur Ausgleichszahlung), Berechnung für Gesamtunternehmen oder einzelne Produkte. Reine CO2-Kompensationskosten. |
|
gewerblich |
*Basierend auf Berechnungen im Oktober 2020.
Fazit
CO2-Kompensation ist nicht gleich CO2-Kompensation. Man sollte kritisch hinterfragen, warum der eine Dienstleister weniger, der andere mehr als 4€ für einen Flug von Leipzig nach Kopenhagen veranschlagt – was ist tatsächlich realistisch? Welche Projekte sind außerdem wirklich unterstützenswürdig, weil klimawirksam? Wo wird Greenwashing betrieben? Zertifizierungen sowie ausführliche Recherchen können hier Aufschluss geben, damit man sich sicher sein kann, dass die Kompensationszahlungen nicht nur das Gewissen erleichtern, sondern auch tatsächlich Wirkung entfalten.
Zu beachten ist Folgendes: Selbst wenn alle Industrieländer ihre CO2-Emissionen vollständig in Entwicklungsländern in perfekten Projekten kompensieren würden und damit alle Menschen in den Industrieländern dem Marketing nach „klimaneutral" leben würden, kann damit das globale 2 °C Klimaschutzziel nicht erreicht werden.[13] Genau aus diesem Grund sollte man sich, bevor man kompensiert, natürlich immer noch mal die Frage stellen: Sollten wir nicht lieber in die langfristige Reduktion anstelle der Kompensation investieren? Wenn man jährliche Kompensationskosten aufsummiert und zu denselben oder höheren Kosten kommt als eine Reduktionsinvestition bedeuten würde, sollte die langfristige Lösung dem kurzfristig gedachten Kompensieren vorgezogen werden. Sind Emissionen aber unvermeidbar, hilft eine sinnvoll eingesetzte Kompensationszahlung jedoch dabei, den Schaden zu minimieren.
Quellen
- ↑ https://ee-mobility.com/vorteil/wie-sich-co2-auf-das-klima-auswirkt/, letzter Zugriff am 04.06.2021
- ↑ https://ee-mobility.com/vorteil/wie-sich-co2-auf-das-klima-auswirkt/, letzter Zugriff am 04.06.2021
- ↑ https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/mobilitaet/kompensation-von-treibhausgasemissionen, letzter Zugriff am 04.10.2020
- ↑ https://www.umweltbundesamt.de/themen/freiwillige-co2-kompensation, letzter Zugriff am 04.10.2020
- ↑ https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/ratgeber_freiwillige_co2_kompensation_final_internet.pdf, letzter Zugriff 04.10.2020
- ↑ https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/ratgeber_freiwillige_co2_kompensation_final_internet.pdf, letzter Zugriff 04.10.2020
- ↑ https://uba.co2-rechner.de/, letzter Zugriff 04.10.2020
- ↑ https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2019/07/wie-baeume-das-klima-retten-koennten.html, letzter Zugriff am 03.06.2021
- ↑ https://utopia.de/ratgeber/oekosystem-wald-das-macht-laub-misch-und-nadelwaelder-aus/, letzter Zugriff am 03.06.2021
- ↑ https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/DE/projektmechanismen/Waldprojekte_Leitfaden.html, letzter Zugriff 04.10.2020
- ↑ https://www.adac.de/verkehr/standpunkte-studien/mobilitaets-trends/co2-kompensation/, letzter Zugriff am 04.06.2021
- ↑ https://www.atmosfair.de/de/standards/waldschutzprojekte/, letzter Zugriff 21.11.2020
- ↑ https://www.atmosfair.de/wp-content/uploads/k2-anforderungen_sinnvolle-co2-kompensation_21122019.pdf, letzter Zugriff 29.12.2020