Dienstwagenflotte: Welche Alternativen bieten sich in Städten?

Aus ErWiN

Im Alltag bedarf es in vielen Firmen häufig an hoher Mobilität – Kund*innenbesuche, Lieferungen, Begehungen etc. Dienstwagenflotten sind hier aktuell Standard und schwer wegzudenken. Wollen wir aber zu einer Mobilität von Morgen gelangen, muss auch die alltägliche berufliche Mobilität neu gedacht werden. Dieser Artikel gibt Inspiration, wie ihr mit euren Firmen Verbrenner teilweise oder ganzheitlich aus eurer Personenlogistik verbannen könntet – vorausgesetzt, euer Radius bewegt sich nicht durch ganz Deutschland, sondern ist eher städtisch oder regionenbezogen.

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Go electric!

Am naheliegendsten wäre es natürlich, die Flotte durch alternative Antriebe zu ersetzen. Hybrid wäre die einfachste Wahl, da man nicht auf Ladesäulen angewiesen ist, doch auch nicht die beste. Hybrid-Fahrzeuge bieten Vorteile vor allem im Stadtverkehr – durch das häufige Bremsen wird der Akku automatisch aufgeladen und das Auto fährt fast ausschließlich elektrisch. Auf Strecken außerhalb von Ortschaften greift jedoch schnell der Verbrennungsmotor und der Hybrid wird auf Bundesstraßen und Autobahnen quasi zum konventionellen Auto. Da auch die Herstellung eines Hybrids durch die doppelte Motorausstattung energieintensiver ist, braucht ein Hybrid lange, um seinen CO2-Fußabdruck zu amortisieren. Unternehmen, die keine Lademöglichkeiten zur Verfügung stellen können (bspw. Fuhrpark muss in öffentlichem Parkhaus stehen, wird teilweise von Mitarbeiter*innen zu Hause geparkt) und die vor allem innerstädtische Wege zurücklegen müssen, wären Hybride aber immerhin einen Gedanken wert.[1]

Aufgrund nur eines Motors unter der Haube ist der Elektrowagen im Vergleich zum Hybrid meist schon einmal etwas leichter. Auch dieser rollt mit einem großen CO2-Fußabdruck vom Band, doch amortisiert sich dieser schneller als beim Hybrid, vor allem, wenn Strom aus erneuerbaren Energien eingespeist wird. Für eine E-Auto-Flotte ist es notwendig, Ladesäulen in direkter Unternehmensumgebung, bestenfalls auf dem Unternehmensgelände zu haben. Sobald dies gewährleistet ist, sind E-Autos aber auf den ersten Blick ideal: Sie stehen über Nacht auf dem Hof und werden erst am nächsten Morgen wieder benötigt, haben also ausreichend Zeit zu laden. Reichweiten variieren aktuell noch stark, aber für Unternehmen wie oben beschrieben, die sich innerhalb eines begrenzten Radius' bewegen, sind die Entfernungskapazitäten häufig ausreichend. Besonders attraktiv macht E-Autos nicht nur der geringe Kraftstoffpreis (beim Laden an der eigenen Steckdose) – vor allem staatlich wird aktuell viel gefördert, von einzelnen Wagen über ganze Flotten und zugehörige Ladesäulen-Infrastruktur. Mehr dazu gibt's beim Bundeswirtschaftsministerium.

Teilen statt parken

Viele Firmen haben aktuell vielleicht sogar nur wenige Dienstwagen, um individuell mobil zu sein und Kund*innen zu besuchen oder sporadisch Termine wahrzunehmen. Eine wirkliche Alternative bieten hier:

  • Leihwagen (auf Dauer günstiger, da Parkplatzkosten und Versicherung für sporadisch genutzte Fahrzeuge entfallen)
  • Car-Sharing

Unter Car-Sharing versteht man die gemeinschaftliche Nutzung einer oder mehrerer Autos durch verschiedene Personen. In der Praxis existieren hierbei verschiedene Angebotsformen für die kurzzeitige Anmietung eines Fahrzeugs. Neben klassischen stationsbasierten Modellen, gibt es auch sogenannte "Free Floating" Modelle, bei denen Fahrzeuge beliebig innerhalb eines bestimmten Stadtbereichs abgestellt werden können. Die Anzahl der verfügbaren Anbieter, Fahrzeuge sowie der Kund*innen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Aktuell nutzen bundesweit etwa 2,9 Millionen Personen eine Flotte von ca 26.000 Fahrzeugen. [2]

Laut Umweltbundesamt[3]:

  • ersetzt ein Car-Sharing Fahrzeug ca. 15 parkende Autos
  • lohnt sich Car-Sharing bei einer jährlichen Fahrleistung von bis ca. 10.000 km gegenüber einem selbst betriebenen PKW

Stationsbasierte Anbieter

Auswahl sortiert nach Flottengröße bundesweit [4]:

Anbieter Besonderheiten
stadtmobil
  • vertreten in über 180 Städten
  • günstiger Preis (laut Website die "günstigsten")
  • Verbreitung: Berlin, Hannover und Süd-West-Deutschland entlang des Rheins
cambio
  • bundesweit über 145.000 Kund*innen
  • Verbreitung: in 30 deutschen Städten, darunter Berlin, Saarbrücken und Nord-West-Deutschland
  • auch in Belgien aktiv mit insgesamt 7.100 Fahrzeugen
Teilauto
  • bundesweit über 40.000 Kund*innen, Schwerpunkt in Mitteldeutschland
  • ca. 1.200 Fahrzeuge (Kleinfahrzeuge, Mittelklassewagen, Kleintransporter, Kleinbusse)
  • seit 2019 das erste gemeinwohlzertifizierte Unternehmen in Mitteldeutschland
book-n-drive
  • größter Carsharing-Anbieter im Rhein-Main Gebiet
  • über 57.000 Kund*innen
  • über 1.000 Fahrzeuge
DB Connect/ Flinkster
  • Angebot der Deutschen Bahn in Kombination mit Mobilität rund um den Bahnhof
  • 4.500 Fahrzeuge in über 400 Städten
  • Extra Business Lösung

Free Floating Modelle

Anbieter Besonderheiten
Cityflitzer ca. 200 Kleinfahrzeuge im Stadtgebiet Leipzig
Share Now international aktiv, in einigen deutschen Städten (Berlin, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart)

Viele stationsbasierte Anbieter betreiben in großen Stäten auch Free Floating Modelle.

Go Muskelkraft!

Mit Fahrrädern fördert man nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter*innen, sondern spart Platz und Geld.

Lastenräder

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Lastenräder (auch Transporträder oder Cargobikes) sind Fahrräder, die mit einer Ladefläche versehen sind um Lasten oder Personen zu befördern. Sie sind besonders für den Transport kleinerer Gütermengen über kürzere Strecken interessant.

Arten von Lastenrädern

Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Lastenrädern, die jeweils auf den jeweiligen Zweck abgestimmt sind.[5]

Als traditionelle Formen sind das Postrad bzw. das Bäckerrad bekannt. Hierbei befindet sich die Ladefläche direkt vor dem Lenker über dem verkleinerten Vorderrad, ggf. zusätzlich ergänzt um eine weitere Ladefläche über dem Hinterrad. Durch den hohen Schwerpunkt sind diese Räder nur für begrenzte Zuladungen geeignet. Für größere Lasten wird der Vorderlader (auch Long John) eingesetzt, bei dem sich die Ladefläche etwa auf Nabenhöhe zwischen Vorderrad und Lenker befindet. Damit können Lasten bis etwa 200 kg transportiert werden. Durch den längeren Radstand verändert sich die Fahrweise etwas, besonders bei engen Kurven.

Es gibt auch dreirädrige Varianten mit noch höheren möglichen Zuladungen, wobei sich bautechnisch bedingt die Ladefläche hierbei oft hinter dem Fahrer zwischen den beiden Hinterrädern befindet. Der dreispurige Aufbau erhöht hierbei die Stabilität und erübrigt auch den sonst nötigen Fahrradständer. Die meisten modernen Lastenräder werden durch einen elektrischen Antrieb verstärkt, vergleichbar einem E-Bike.

Vorteile im Überblick

  • geringere Anschaffungskosten im Vergleich zu einem Auto
  • geringe Betriebskosten
  • Zeitersparnis durch Umgehung von Staus, Nutzung von Abkürzungen
  • weniger Stellfläche als ein Auto, einfachere Parkplatzsuche
  • Bewegung an der frischen Luft
  • positive Wahrnehmung durch klimaneutrale Mobilität
  • Verkleidung der Ladefläche kann für Marketing genutzt werden

Fördermöglichkeiten

Die gewerbliche Nutzung von Lastenrädern wird im Moment sowohl vom Bund als auch von einzelnen Bundesländern und Städten finanziell gefördert. Hierbei werden beispielsweise 25 oder 40 Prozent des Netto-Kaufpreises subventioniert. Die Bedingungen für die Förderung sind teilweise sehr unterschiedlich und können beispielsweise bei diesen Anbietern von Lastenrädern erfragt werden:

Alternativ zum Kauf gibt es auch die Möglichkeit, Lastenräder steuerlich begünstigt als Firmenräder zu leasen. Mehr dazu im Artikel Arbeitsweg: Wie können Firmen nachhaltiges Pendeln fördern?.

Wissenswertes

Laut dem EU-Project CycleLogistics könnten 51 % aller motorisierten Transporte in europäischen Städten auf Fahrräder, Radanhänger oder Lastenräder verlagert werden, da sie eine Streckenlänge von unter sieben Kilometern und ein Gewicht von weniger als 200 kg haben.[6]

Von Sommer 2017 bis Ende 2019 wurde in Deutschland die Studie "Ich entlaste Städte" durchgeführt. Hierbei wurden Lastenräder verschiedener Bauarten an zahlreiche Teilnehmer*innen im gesamten Bundesgebiet zur Erprobung übergeben. Die Daten befinden sich aktuell (Stand April 2021) in der Auswertung. Ziel der Studie ist zu ermitteln, welches Potenzial Lastenräder in Städten haben können. Die Hälfte aller Tester*innen gab nach ihrem Testzeitraum an, ein eigenes Lastenrad anschaffen zu wollen.

In der Vorgängerstudie "Ich ersetze ein Auto" konnte bereits ermittelt werden, dass rund 42 % der von Kraftfahrzeugen durchgeführten Kurieraufträge und 19 % der daraus resultierenden Fahrleistung mit Elektro-Lastenrädern realisiert werden können.[7]

Leihfahrräder

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Leihfahrräder sind Fahrräder, die nur für einen begrenzten Zeitraum (wenige Minuten, Stunden oder monatlich) angemietet werden und nicht in das Eigentum des Unternehmens oder seiner Mitarbeitenden übergehen. Das Modell wird auch Bike-Sharing genannt und ähnelt den Modellen zum Car-Sharing. Alternativ gibt es auch Leasingmodelle für Firmenräder mit Option der späteren Übernahme.

Anbieter mit minutengenauer Abrechnung

Überschrift Überschrift
Nextbike
    • weltweiter Anbieter, in ca. 70 Städten in Deutschland
    • In Städten wie Leipzig ist die Nutzung der Nextbikes in die lokale Mobilitäts-App eingebunden. Kund*innen der Leipziger Gruppe (LVB) benötigen so keinen zusätzlichen Account bzw. Vertrag.
Call a Bike
    • Angebot der deutschen Bahn, in ca. 40 Städten in Deutschland
    • Firmenangebote: Business Flat, eigene Flotte, Brand a Bike
Donkey Republic
    • europaweiter Anbieter, in Deutschland aktuell nur in wenigen Städten

Anbieter mit monatlicher Buchung

Swapfiets

  • Anbieter aus den Niederlanden, in Deutschland in ca. 30 Städten vertreten
  • incl. Reparaturservice und 48h Austauschgarantie

Velomobile

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Eine noch relativ unbekannte Antriebsart stellt das Velomobil (oder Pedelec-Velomobil) dar. Vielleicht sind diese aber für euer Unternehmen gute Möglichkeiten, um Transporte über kürzere Distanzen zu organisieren. Hier einige Infos:

  • Es gibt ein, zwei oder sogar zwölf bis 20 Personen Velomobile für Personen-Transport. Für Hotels & Pensionen eine interessante Art, ihre Gäste zu transportieren.
  • Während der Nutzung muss auch die Muskelkraft angestrengt werden - gut für die Fitness der Mitarbeiter*innen. Ins Schwitzen kommen sie durch den Pedelec-Antrieb dabei aber nicht wirklich.
  • Das Velomobil kann auch für Transporte bis 250 kg oder für umfangreichere Transporte, wenn zudem Anhänger mit eigenem Antrieb genutzt werden, eingesetzt werden.
  • Durch den Einbau von Rekuperation ist es möglich, die Reichweite zu erhöhen - der Akku lädt sich beim Bremsen oder beim Trampeln im Stand auf.
  • Da Velomobile auf 25 km/h gedrosselt sind, können Personen ohne Fahrerlaubnis ebenfalls Fahrer*innen sein.
  • Es gibt sogar bereits Trecker, an die mehrere Arbeits-Geräte angekoppelt werden können, die in der Gartenwirtschaft und Wegepflege genutzt werden.
  • Mehr Infos dazu findet ihr bspw. unter transition-initiativen.org.

Fazit

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie man (vor allem städtische) Mobilität auch im Unternehmenskontext umdenken kann. Diese sind meist nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch gesünder und günstiger. Es bedarf sicher einer Übergangszeit, um alle Mitarbeiter*innen an die neuen Mobilitätsformen heranzuführen, aber diese schonen auf Dauer die Umwelt und den Geldbeutel.

Quellen